Sogenannte Copyright-Buyout-Verträge (auch Total-Buyout-Verträge) gehen Urheber*innen weltweit etwas an. Komponist*innen, Songwriter*innen, Drehbuchautor*innen, Regisseur*innen und andere Urheber*innen werden zunehmend zum Ausverkauf, also einem Buyout ihrer Rechte gegen eine einmalige Vergütung gedrängt, anstatt kontinuierlich Tantiemen für den Rest ihres Lebens zu erhalten.
In einigen Ländern sind es die Rundfunk- und Fernsehanstalten, die hier den Ton angeben, in anderen die Video-Streamingdienste.
Die Verschiebung hin zu Buyouts hat sich so schnell vollzogen, dass sich die Urheber*innen oft nicht über die potentiellen Auswirkungen auf ihre Arbeit und Karriere im Klaren sind.
In der momentanen Coronakrise, in der audiovisuelle Produktionen gerade starken Budgetkürzungen unterliegen und Urheber*innen um ihr Einkommen bangen müssen, ist dies wichtiger denn je zuvor.
Wenn Du eine Komposition schreibst, sei es für Film und Fernsehen, Computerspiele oder digitale Dienstanbieter, dann gibt es viele Möglichkeiten, über die ursprüngliche Kompositions- oder Vergütungspauschale hinaus Geld zu verdienen. Am Bekanntesten und wohl auch am Wichtigsten sind hier die Tantiemen.
Tantiemen werden über viele Jahrzehnte hinweg generiert, wann und wo auch immer Deine Musik verwendet wird. Dazu gehören Ausstrahlungen im Rundfunk, über Kabel, auf abonnierten Video-on-Demand-Plattformen, in Computerspielen, im Satelliten- und im traditionellen Radio sowie bei Streamingdiensten.
Ebenso können Verbraucherprodukte Tantiemen generieren. Dabei kann es sich um interaktives Spielzeug, Grußkarten, Hologramme, Theateraufführungen, Soundtrack-Alben-Verkäufen, Werbespots und sogar Online-Musikunterricht handeln.
Diese Tantiemen sichern Songwriter*innen und Komponist*innen ein regelmäßiges Einkommen. Das Inkasso der Lizenzgebühren und die Verteilung der Tantiemen werden von den Verwertungsgesellschaften der jeweiligen Länder vorgenommen.
Mittlerweile wird das Recht von Urheber*innen auf Tantiemen immer mehr in Frage gestellt. Sie werden durch eine neue Vergütungsform ersetzt, den so genannten „Copyright Buyouts“, also pauschalen Einmalzahlungen.
Copyright-Buyout-Verträge werden den Urheber*innen häufig von Rundfunkanbietern, Computerspieleherstellerfirmen, Fernsehbetreibern und digitalen Plattformen aufgezwungen. Urheber*innen erhalten von ihnen dann eine einmalige Vergütung anstelle eines regelmäßigen Tantiemeneinkommens.
Manchmal sind die Urheber*innen mit Buyout-Verträgen und der Vergütungspauschale zufrieden. Für andere wiederum ist das Recht auf ein an den Erfolg des Programms angeknüpftes Honorar essenziell.
Das Problem wird in der heutigen Streamingwelt immer deutlicher. Video-Streamingplattformen nutzen ihren starken Einfluss in der Unterhaltungsbranche, um die Art und Weise der Zusammenarbeit mit denjenigen zu ändern, die Musik für ihre Kanäle und Programme kreieren.
Copyright-Buyout-Szenarien kommen immer häufiger vor, weil viele (wie die oben erwähnten Rundfunkanstalten oder Produktionsfirmen) darin eine billigere und einfachere Möglichkeit sehen, Musik für ihre Programme zu bekommen. Durch die neuesten Entwicklungen in der Medienbranche wird dieses Thema für die Urheber*innen immer zentraler.
Fernsehzuschauer leben heute in einem „goldenen Zeitalter“. Video-Streamingdienste im Abonnement (auf Englisch: Subscription-Video-on-Demand, kurz SVoD) wachsen überall rasant. Musik und Soundtracks, die von Songwriter*innen und Komponist*innen geschaffen wurden, spielen für diesen Erfolg eine nicht unerhebliche Rolle. In vielen Fällen vertreiben digitale Plattformen Werke nicht nur, sondern sie sind auch deren Produzent*innen. Dies stärkt ihre Verhandlungsmacht und schwächt die der Urheber*innen.
Streamingplattformen können sich auch die Unterschiede in den nationalen Gesetzen zunutze machen. Sie könnten so beispielsweise versuchen, die Gesetze der Vereinigten Staaten in Ländern außerhalb der USA anzuwenden, um die lokale Gesetzgebung zu umschiffen, die Urheber*innen vor Buyout-Verträgen schützt. Auf diese Weise können sie auch die nationale Verwertungsgesellschaft umgehen.
In Ländern wie den USA bieten Rundfunkanbieter und Kabelfernsehsender außerdem Buyout-Verträge an, um die Zahlung von Lizenzgebühren langfristig zu vermeiden.
Angesichts der weltweiten Pandemie und der tiefen Finanzkrise gibt es einen Mangel an neuen Film-, Fernseh- und anderen Medienproduktionen. Viele unserer über 15.000 Unterstützer*innen berichten, dass sie, um überhaupt zum Zuge zu kommen, mehr als je zuvor zur Unterzeichnung von „Total-Buyout-Verträgen“ für ihre Musik gedrängt werden. In diesen Verträgen verzichten Komponist*innen und andere Musikschaffende auf die Option, Tantiemen für die öffentliche Aufführung ihrer Werke weltweit, in allen Medien und für unbegrenzte Zeit zu erhalten – im Gegensatz zu einem nun schon 100 Jahre alten Vorbild. Das bedeutet, dass die Mission von Your Music – Your Future noch nie so wichtig und dringend war wie heute.
Ist für Urheber*innen ein regelmäßiges Tantiemeneinkommen oder eine einmalige Pauschalzahlung vorteilhafter? Da sich jede oder jeder Musikschaffende in einer anderen Situation befindet, gibt es keine allgemeingültige Antwort auf diese Frage.
Außer Frage steht jedoch, dass Urheber*innen mit der Unterzeichnung von Buyout-Verträgen, sei es mit einer Streamingplattform oder einem Fernsehsender, die Möglichkeit einer langfristigen, wertvollen Einkommensquelle aufgeben.
Wenn Musikschaffende einem Total-Buyout-Vertrag zustimmen, verlieren sie das Recht auf zukünftige Tantiemen für das von ihnen geschaffene Werk.
Damit Du Dir ein besseres Bild davon machen kannst, was auf dem Spiel steht, zeigen wir hier einige Szenarien für Unterschiede bei Einkünften aus Tantiemen und Pauschalzahlungen auf. Sie stammen von Expert*innen aus den Vereinigten Staaten, aber es gibt noch weitere Fallstudien aus der ganzen Welt.
Hier einige Zitate aus der 8. Ausgabe von „Music, Money and Success: the Insider’s Guide to Making Money in the Music Business“
Wie man eine Buyout-Verhandlung führt – eine Fallstudie aus dem wahren Leben
Buyout-Klauseln sind zwar nichts Neues, wurden jedoch in den Verträgen von Rundfunkanstalten, Video-on-Demand-Streamingdiensten und anderen großen Nutzern von Musikwerken zum Standard.
Die rechtlichen Bedingungen sind von Land zu Land unterschiedlich. Verträge enthalten entweder Buyout-Klauseln oder Verweise auf „works made for hire“ bzw. „Auftragsarbeiten“, die Nutzer*innen gegen eine einmalige Zahlung alle Rechte an dem kreativen Werk übertragen.
Die Vereinbarung sieht vor, dass Kreative einen Pauschalbetrag erhalten. Im Gegenzug geben sie die Kontrolle über ihr Werk auf und verzichten auf den Anspruch auf künftige Einnahmen daraus.
Eine Buyout-Klausel betrifft die Übertragung aller Rechte an einem Werk für dessen gesamte Lebensdauer gegen eine einmalige Pauschalzahlung.
Diese Vertragsklauseln sind in der Regel bei den wichtigsten Punkten eher breit formuliert: Rechteeinräumung, Ort des Vertragsabschlusses und Laufzeit.
„Ich, der Unterzeichnende, erkläre, dass ich Komponist/in der Original-Tonspur des Spielfilms mit dem Titel „Y“ bin und dass ich alle Urheberrechte an den Master-Aufnahmen weltweit in allen Medien und bis 70 (siebzig) Jahre nach meinem Tod an die Firma Z (Produzent/in des Films) eingeräumt und abgetreten habe.“
"I, the undersigned, declare to be the composer of the original soundtrack of the motion picture entitled “Y” and to have granted and assigned all of the copyright in the master recordings throughout the world in all media, and until 70 (seventy) years after my death, to the company Z (producer of the movie)."
Die Gesetze zu Copyright-Buyout-Verträgen sind in den verschiedenen Ländern und Gebieten unterschiedlich.
In Europa genießen Urheber*innen tendenziell einen stärkeren Schutz als anderswo auf der Welt. In mehreren Ländern der Europäischen Union werden Buyout-Verträge durch gesetzliche Regelungen eingeschränkt, die eine angemessene Vergütung für die Nutzung der Werke von Urheber*innen vorschreiben. Beispiele für diese Art von Gesetzen finden sich in Frankreich, Italien und Spanien. In anderen EU-Mitgliedstaaten wie Deutschland oder die Niederlande gibt es strengere Maßnahmen. Diese sehen übergeordnete und obligatorische Regelungen vor, die die Verwendung von Copyright-Buyout-Verträgen vollständig verbieten oder einschränken.
Im asiatisch-pazifischen Raum gibt es nur in wenigen Gebieten Gesetze, die unfaire Vertragsbedingungen zwischen Urheber*innen und Nutzer*innen regeln. Unter der Leitung der Asia-Pacific Music Creators Alliance (APMA) untersuchte Alice Lee, Professorin an der Universität Hongkong, mittels einer detaillierten Analyse die Gesetze in den einzelnen Ländern/Territorien (wie etwa Australien, Hongkong, Indonesien, Japan, Macau, Südkorea, Thailand und Vietnam). Die Studie erläutert die aktuellen Gesetze in Sachen Copyright-Buyouts in diesen Ländern und Gebieten und beinhaltet folgende Verbesserungsvorschläge:
· Regulierung unlauterer Vertragsklauseln
· Schutz der Urheber*innen und angemessene Vergütung
· das Recht, Copyright-Buyout-Verträge aus gerechtfertigten Gründen zu widerrufen
In Lateinamerika gibt es ermutigende Modelle in der Gesetzgebung für Urheber*innen. Eine Gruppe von Ländern (darunter Nicaragua, Chile, Kolumbien, Ecuador, Panama, Mexiko und Uruguay) hat ein unveräußerliches Recht auf Vergütungen für Urheber*innen geschaffen, das mit einer Übertragung der Rechte an die Produktionsfirma einhergeht. Die CISAC arbeitet an einer Studie, die mehr Aufschluss über die Rechtslage in der Region geben wird.
"…such musical works, together with all such other musical material created under said Agreement shall constitute a "work made for hire" (for the purpose of U.S. copyright law and all other copyright laws throughout the universe) for Producer.""
In den Vereinigten Staaten funktionieren Buyout-Verträge komplett anders. Nach US-amerikanischem Recht kann das Buyout in Verträgen vorkommen, die als „Work Made for Hire“ bzw. „Auftragsproduktionen“ bezeichnet werden, d. h. der oder die Arbeit- bzw. Auftraggeber*in ist rechtlich gesehen Urheber*in eines Werkes mit automatischem Anspruch auf alle Urheberrechte an dem produzierten Werk.
In der Streamingwelt ist die Situation für Urheber*innen und Komponist*innen noch schlimmer. Während die herkömmlichen „Auftragsproduktionsverträge“ in der Audiovisionsindustrie ihnen das Recht einräumten, über die von ihnen gewählte Verwertungsgesellschaft (im Englischen auch ‚CMO – Collective Management Organization‘ genannt) Tantiemen für die Aufführung zu erhalten, wird ihnen durch das neue Modell der Buyout-Verträge diese Möglichkeit genommen und diese herkömmliche Einnahmequelle vorenthalten.
„…musikalische Werke inklusive weiterem musikalischen Material, das im Rahmen dieses Vertrages geschaffen wurde, stellen für den Produzenten ein „Auftragswerk“ (im Sinne des US-amerikanischen Urheberrechts und aller anderen Urheberrechtsgesetze im gesamten Universum) dar.“
"If or to the extent for any reason in any country, any or all such musical works and/or other musical material is not recognized to be a "work made for hire" then Composer hereby irrevocably exclusively and absolutely assigns to Producer all of Composer's rights (copyrights, rights under copyright and otherwise, whether now or hereafter known)….""
Die Verwirrung im Zusammenhang mit Copyright-Buyout-Verträgen rührt u.a. von der Frage her, welche Gesetze unter welche Zuständigkeit fallen bzw. in welchem Land gelten.
Die „work made for hire“-Vereinbarung ist zwar ursprünglich ein Element des US-amerikanischen Urheberrechts, taucht aber auch in Urheberrechtsverträgen außerhalb der USA auf, unabhängig davon, ob die Parteien oder die Transaktionen einen Bezug zu den USA haben oder nicht:
„Wenn oder soweit aus irgendeinem Grund in irgendeinem Land eines dieser oder alle diese musikalischen Werke und/oder sonstiges musikalisches Material nicht als „Auftragswerk“ anerkannt werden, tritt der/die Komponist*in hiermit unwiderruflich, exklusiv und absolut alle Rechte des/der Komponist*in (Urheberrechte, urheberrechtliche und sonstige Rechte, ob jetzt oder in Zukunft bekannt) an den Produzenten ab …“
Wenn Urheber*innen mehr über ihre Optionen erfahren wollen, sind Verwertungsgesellschaften die beste Anlaufstelle. Urheberrechtsgesellschaften, auch Verwertungsgesellschaften oder Organisationen zur kollektiven Rechtewahrnehmung (CMOs – Collective Management Organizations) genannt, bieten den Urheber*innen Kraft und Stärke durch den Zusammenhalt von vielen Einzelnen. Ihre Aufgabe ist es, die Interessen der Urheber*innen zu wahren, ihre Rechte zu schützen und mit den Nutzer*innen ihrer Werke die besten Bedingungen auszuhandeln.
Die Hauptaufgabe einer Verwertungsgesellschaft besteht darin, die schwächere Verhandlungspartei bei Verhandlungen zwischen Urheber*innen und den Nutzer*innen ihrer Werke zu schützen. Aus diesem Grund wird ihnen in vielen Ländern das ausschließliche Recht übertragen, im Namen ihrer Mitglieder zu verhandeln. Dadurch werden auch die Verhandlungen im Markt zwischen den beiden Seiten wesentlich effizienter und produktiver.
Das Recht, weiterhin Tantiemen – oder auch „angemessene Vergütung“, wie es in vielen Ländern genannt wird – zu verdienen, ist eine grundlegende Gerechtigkeitsfrage für alle Urheber*innen. Der beste Weg zur Erreichung dieser Gerechtigkeit ist das Drängen auf
eine bessere Gesetzgebung. Die CISAC und Your Music – Your Future setzen sich für faire Rechte für Urheber*innen ein. Heute laufen auf internationaler Ebene Kampagnen, damit auf diese Thematik aufmerksam gemacht wird und um Regierungen zum Verständnis und zum Handeln zu bewegen.
In Teilen Europas ist die derzeitige Gesetzgebung ein gutes Beispiel für bewährte Praktiken. Sie schützt das Recht der Urheber*innen, Tantiemen zu verdienen, anstatt Buyout-Verträge zu akzeptieren. Im April 2019 verabschiedete die EU die Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt, die den besagten Schutz noch weiter ausbauen könnte.
Die neue Richtlinie legt die wichtigsten Grundsätze zur Stärkung der Rechte von Urheber*innen fest. So wird beispielsweise der Grundsatz der „fairen und angemessenen Vergütung“ im rechtlichen Umfeld bestätigt, und die Plattformen werden zu mehr Transparenz und Flexibilität bei der Zahlung von Lizenzgebühren für „Bestseller“ verpflichtet. Mehr darüber: Die EU Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt
• Gewährleistung einer fairen und angemessenen Vergütung für die Übertragung und/oder Lizenzierung ihrer kreativen Werke.
• Unterstützung der Verwendung von „Bestseller“-Klauseln, damit die Option besteht, Vergütungsbedingungen für Urheber*innen und ausübende Künstler*innen im Falle eines kommerziellen Erfolgs zu ändern.
• Förderung von Transparenz und Berichterstattung durch SVOD-Dienste [Video-on-Demand-Streamingdienste im Abonnement] in Bezug auf die Übertragung und/oder Lizenzierung von kreativen Werken.
• Einschränkung der Anwendung von vorrangigen Rechtswahlbestimmungen in Urheberrechtsverträgen in Fällen, in denen diese im Widerspruch stehen zu:
1. Transparenz- und Berichterstattungsmaßnahmen
2. „Bestseller“-Klauseln
In Asien wurde ein „Copyright-Buyout Survival Guide“ für die Urheber*innen in der Region erstellt, um ihnen auf die verschiedenen nationalen Gesetze zugeschnittene Orientierungshilfen zu bieten. Eine ausführliche Studie aus dem Jahr 2019 beinhaltet die Analyse der Rechtsordnungen in acht Ländern. Die Studie ergab, dass der Schutz der Rechte für Urheber*innen in einigen Bereichen gestärkt werden muss. Empfehlungen darin waren gesetzgeberische Korrekturen wie:
• Regulierung missbräuchlicher Vertragsklauseln
• Schutz der Urheber*innen vor dem Entzug des Rechts auf angemessene Vergütung
• das Recht, Copyright-Buyout-Verträge unter bestimmten Umständen zu widerrufen
Deine nationale Musikverwertungsgesellschaft/Organisation für kollektives Management. Siehe das von der CISAC veröffentlichte Weltweite Verzeichnis
www.yourmusicyourfuture.com ist eine von einer Community aus über 15.000 Komponist*innen und Urheber*innen in den USA geführte Informationskampagne
www.cisac.org ist der Weltdachverband, der 231 Verwertungsgesellschaften in 121 Ländern vertritt